Welches Bild der Schauspieler von der Stadt Italiens hat
Seit sechs Jahren spielt Uwe Kockisch Donna Leons Commissario Brunetti. Sein Verhältnis zur Stadt Venedig hat sich in dieser Zeit durchaus verändert. Denn Venedig und Kockisch — das war keineswegs eine Liebesbeziehung von Anfang an, verrät der Schauspieler in einem Interview.
Als er das erste Mal in der Stadt war, traf er auf zahlreiche schreiende Frauengruppen. “Das Frequenzspektrum war sehr hoch — vor Vergnügen und Entzücken. Es war nicht mein Ding”, erzählt Kockisch, der am kommenden Samstag erneut in seiner Paraderolle in “Donna Leon — Die dunkle Stunde der Serenissima” (Sendetermin: 7. November, 20.15 Uhr, Das Erste) zu sehen ist.
Unerreichbare Schönheit
Doch seit diesem eher erschreckten Moment hat sich bei ihm enorm viel verändert. “Ich empfinde heute vor allem Respekt vor der Stadt und den Leuten, die dort leben.” Venedig hat sich bei Kockisch ihre Würde über die Jahre erarbeitet. Heute vergleicht der 65-Jährige sie gerne mit einer reiferen Dame, die sich je nach Wetter und Laune noch mal in Schale wirft und so fast zur unerreichbaren Schönheit wird: “Venedig ist wie eine Diva — sie kann strahlen, sie kann einen aber auch so böse angucken, dass man es mit der Angst zu tun bekommt.”
Der Ex-Ostberliner weiß wovon er spricht. Während der Dreharbeiten lebt er jedes Jahr drei Monate in Venedig. Daher kennt er das Gefühl, dass sich die Stadt stark auf die Stimmung legt. „Anfangs hatte ich damit zu tun. Ich fühlte mich fast verkleidet, wenn ich abends durch die nebelwabernden Gassen lief.”
Verschlossene Orte
Doch mittlerweile sei er viel mehr er selbst, wenn er dort ist. “Ich kann mein Leben leben, meine Gefühle haben — und die haben nicht unbedingt etwas mit diesem seltsamen Ort zu tun.” Trotzdem hat er natürlich viel gesehen, was sonst nur wenige zu Gesicht bekommen. Während der Dreharbeiten kommt der Mime an die spannendsten Orte dieser Stadt. “Orte, die auch den meisten Venezianern verschlossen bleiben.” Natürlich hat sich über die Jahre auch sein Verhältnis zu seiner Rolle des Brunetti verändert. “Ich erfahre immer mehr über ihn. Die Figur wird durch die Romane immer reichhaltiger”, sagt Kockisch. Was ihm als Schauspieler allerdings das Problem beschert, diese Reichhaltigkeit im Film auszudrücken, obwohl der Raum dafür nicht breiter wird.
Doch seine selbstkritische Einstellung hilft ihm sicher, diese Schwierigkeiten zu meistern. Kockisch analysiert Szene für Szene und findet fast immer etwas, das ihm nicht gefällt. “Natürlich sehe ich Unterschiede, manchmal bin ich ganz zufrieden. Manchmal ist das, was ich sehe, zum Davonlaufen. Doch wenn alles immer gut wäre, würde ich wahrscheinlich aufhören.”