Keine Chance! In dem Politdrama Berlin 36 verschwimmen Realität und Fiktion: Die jüdische Sportlerin Gretel Bergmann wird Opfer einer Intrige
Berlin 1936, die Olympischen Spiele stehen vor der Tür. Gretel Bergmann will im Hochsprung starten. Sie steht im deutschen Kader, aber wohl nur, weil die Machthaber den Boykott des US-Teams fürchten, wenn sie keine Juden nominieren. Dabeihaben wollen die Nazis Bergmann bei den Spielen nicht. Prompt scheitert sie in der internen Qualifikation. Erst Jahre später stellt sich heraus, dass ihre “Konkurrentin” Dora Ratjen in Wirklichkeit ein Mann war.
So weit die gesicherten Fakten, um die sich der Kinofilm “Berlin 36” von 2009 dreht. Regisseur Kaspar Heidelbach, sonst ein echter “Tatort”-Experte, inszeniert um dieses Gerüst ein Politdrama, bei dem Wahrheit und Fiktion leider allzu stark verschwimmen. Karoline Herfurth überzeugt als hoffnungsfrohe Athletin, deren Traum durch die Intrige von Funktionären zerstört wird.
Eine starke Geschichte, die aber historisch nicht gesichert ist. Es ist unklar, ob die Nazis Ratjen gezielt einsetzten. Möglicherweise wussten sie von dem Betrug gar nichts. Im Film heißt Ratjen übrigens Marie Ketteler, von Sebastian Urzendowsky eindrucksvoll gespielt. Nicht nur deshalb ist der Film sehenswert, sondern auch weil Heidelbach auf großes Pathos verzichtet. Gretel Bergmann, die heute, 95-jährig, in den USA lebt, hat er tief bewegt. Gedreht wurde der Film in Berlin, der Heimatstadt von Karoline Herfurth.