Silke Bodenbender tritt ihren Dienst als Reihen-Ermittlerin mit ganz eigenem Stil an: „Lotte Jäger und das tote Mädchen”
„Frauen sind tougher – ich nicht”: Lotte Jäger stellt sich im Vorspann ohne falschen Stolz vor. In der Mordkommission wurde die Beamtin unglücklich, den Anblick von Leichen konnte sie nicht mehr ertragen. Jetzt arbeitet sie als Spezialistin für Altfälle, die Jahrzehnte zurückliegen. Das Konzept der neuen Reihe erinnert an „Die Spezialisten”, wo ebenfalls durch den Blick auf ungeklärte Morde Zeitgeschichte lebendig wird. Im Gegensatz zu den Serienkollegen haben die Macher von „Lotte Jäger” 90 Minuten Zeit, und die nutzen sie sehr souverän.
Lotte Jägers Strategie ist nicht die Treibjagd, nicht die Konfrontation, nicht mal das Fallenstellen. Sie hört einfach zu, sie „stellt sich auf den inneren Rhythmus ihres Gegenübers ein”, wie es Produzent Joachim Kosack auf den Punkt bringt. Im ersten Einsatz will sie erfahren, warum vor 27 Jahren eine junge Frau sterben musste. Schauplatz war Schloss Hubertusstock, wo die DDR-Staatsführung ausländische Gäste zur Jagd lud – was oft in wilden Saufgelagen endete. 1988 überlebte eine attraktive Kellnerin diese Ausschweifungen nicht. Sie und ihre Kollegin sollten die ausländischen Gäste „bei Laune halten”, ihr Tod hat einige Menschen ins Unglück gestürzt: Ihr damaliger Freund wurde wegen Mordes verurteilt, ihre Kollegin hat bis heute Schuldgefühle.
Lotte Jäger sucht Spuren am Originalschauplatz, lässt den Ort auf sich wirken. Die leise Jägerin vernimmt Gewinner und Verlierer der Wendezeit, trifft Egoisten, Idealisten, tragische Helden. Diesen Zeitzeugen räumt das Drehbuch viel Zeit ein, ohne dass der Krimi eine Minute langweilig wäre. Er fesselt, indem er das Persönliche mit dem Politischen verwebt, dem oft verwendeten Krimimotiv DDR, Stasi & Co. neue Aspekte abgewinnt.
Ganz nebenbei wird auch die Hauptfigur mit ihren Nöten und Wünschen vorgestellt. Lotte Jäger ist gut in ihrem Job, lebt aber nicht für ihn. Sie liegt gern am See und lässt die Zeit vor sich hinplätschern, doch dann meldet sich ihr Gerechtigkeitssinn „Eigentlich möchte sie endlich einmal sonntags frei haben, aber daraus wird aber nichts, weil sie viel zu sehr für die Arbeit brennt”, sagt die gewohnt stark aufspielende Silke Bodenbender über ihre „Lotte”: Neben den vielen toughen Frauen im TV-Polizeidienst sticht sie als ruhige, leicht melancholische Kommissarin angenehm heraus.
Lotte Jäger und das tote Mädchen, am Montag um 20 Uhr 15 in der ARD. Der Drehort Hubertusstock liegt am Rande der Schorfheide in Brandenburg
Auf dem Foto ist Silke Bodenbender in dem Kriminalfilm “Der Tote am Strand” aus dem Jahr 2006 im Bikini zu bewundern.